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Respekt auf Deutsch16. 7. 20069 minut

Das schlechteste Geschäft von Alan Svoboda

Wenn man den Handelsdirektor von ČEZ, Alan Svoboda fragt, wie es sich mit der polizeilichen Verfolgung im Nacken lebt, ist ihm nicht sehr nach Reden zu Mute. „Da haben Sie ins Schwarze getroffen,“ erklärt der etwas subtilere Dreißiger mit der Stimme eines Synchronsprechers und fügt nach kurzem Schweigen hinzu, dass dies „sehr unangenehm“ sei.

Astronaut
Autor fotografie: ČTK, www.ctk.cz Autor: ČTK

Wenn man den Handelsdirektor von ČEZ, Alan Svoboda fragt, wie es sich mit der polizeilichen Verfolgung im Nacken lebt, ist ihm nicht sehr nach Reden zu Mute. „Da haben Sie ins Schwarze getroffen,“ erklärt der etwas subtilere Dreißiger mit der Stimme eines Synchronsprechers und fügt nach kurzem Schweigen hinzu, dass dies „sehr unangenehm“ sei. Bereit seit einem und einem viertel Jahr ist jedoch nicht ganz klar, was Svoboda eigentlich getan hat. In groben Zügen ist es natürlich klar, nur fehlt eine klare Auslegung, mit der sich die Justiz und die für die Kapitalmarktaufsicht bezahlten Personen viel Zeit lassen. Dabei werden ihre Schlussfolgerungen sehr wichtig für Tschechien sein.

Begründeter Verdacht

↓ INZERCE

Alan Svoboda (34) tat Ende April letzten Jahres etwas, was jeden Polizisten, der nur etwas von der Kriminalität der „weißen Kragen“ versteht, zu einem Stirnrunzeln veranlasst. Kurz vor Veröffentlichung der Jahresergebnisse kaufte der ČEZ Manager Aktien seiner Firma. Laut Gesetz meldete er sein Geschäft an die Wertpapierkommission (KCP). Dann wartete er etwa anderthalb Monate bis die Aktienkurse anziehen und verkaufte sie mit einem Gewinn in der Größenordnung von Hunderttausend.

Dabei ist die Justiz seit den neunziger Jahren vor allem in den USA und in der Europäischen Union sehr empfindlich auf diese Geschäfte, verletzen sie doch das Prinzip der Gleichheit auf dem Kapitalmarkt zu augenscheinlich. Manager besitzen vom Prinzip her wichtige, den Aktienpreis beeinflussende Informationen früher als die anderen und können daran verdienen. Die auf faire Regeln für das Business bedachten Staaten verbieten daher den Managern, in der kritischen Zeit (in der Regel mehrere Tage) vor Veröffentlichung der Betriebsergebnisse Aktien der von ihnen geleiteten Firmen zu kaufen. Die strengen Regeln wurden vor dem EU-Beutritt auch von Tschechien verabschiedet, somit erblickte der erste größere Fall eines Informationsmissbrauchs im Geschäftsverkehr (in Businesskreisen spricht man von Insidertrading) durch Svobodas Handlungsweise das Licht der Welt. Das Problem aber ist, dass das Ergebnis selbst nach fünfzehn Monaten noch nicht bekannt und nur zu ahnen ist.

Die Lösung dieser Causa ist sicher nicht Arbeit für einen Nachmittag, aber dass das Ganze länger als ein Jahr dauert? Geht es doch darum, Svoboda und seine Kollegen von ČEZ zu vernehmen, die Daten der Finanztransaktionen zu vergleichen, nachzuprüfen, zu welchen Informationen Svoboda als Leitungsmitglied Zugang hatte und zu welchen nicht, Informationen über die Kurse der ČEZ-Aktien zu ermitteln.

Zuerst nahm sich die Wertpapierkommission dieser Arbeit an, bis heute hat sie den Fall jedoch noch nicht abgeschlossen. Daher werden nach Auskunft der Pressesprecherin der Tschechischen Nationalbank Pavlína Bolfová keine Informationen erteilt. „Warum dauert das so lange? Es handelt sich um einen komplizierten Fall, außerdem arbeiten wir innerhalb der gesetzlichen Termine,“ meint Bolfová. Von den Leuten der KCP können wir sobald keine Ergebnisse erwarten, die Ermittlung gegen Svoboda wurde nämlich in dem Moment unterbrochen, als die Polizei (konkret die Korruptionsbekämpfungsabteilung) nach mehreren Ermittlungsmonaten Svoboda dieses Jahr im April einer Straftat beschuldigte.

In diesem Moment wurde Svoboda vom Industrieminister und vom Finanzminister unter dem Titel des Mehrheitsaktionärs gezwungen, seinen Platz im Vorstand von ČEZ zu verlassen und der Manager ging in Zwangsurlaub. Die nächste Wende kam Anfang Juli. ČEZ erhielt die von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten. Danach beging Svoboda keine Straftat, der Direktor wurde also wieder in seine Funktion eingesetzt. Außerdem mit Zustimmung der Regierung. „Wir können nicht für jeden Manager des Unternehmens ČEZ haften. Für uns sind die Gutachten renommierter Autoritäten wichtig, die eindeutig besagen, dass Herr Svoboda sich nichts hat zu Schulden kommen lassen,“ äußerte sich der Sprecher des Industrieministers Jiří Havlíček.

Das Problem ist, dass das Wesentliche noch immer nicht zu Ende ist. „Es existiert der begründete Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde,“ besteht der Pressesprecher der Prager Staatsanwaltschaft Martin Omelka auf einer Strafverfolgung. Und wann wird nun der Fall gelöst sein? „Das kann man nicht sagen,“ meint Omelka. „Der Fall ist kompliziert. Das Ganze kann zwei Monate oder auch ein halbes Jahr dauern.“

Was für interne Informationen?

Für Herrn Svoboda ist selbstverständlich das Ergebnis wichtig, für die tschechischen Realien geht es jedoch auch um den Verlauf der Ermittlungen und die Argumente, die letztendlich überwiegen. Anders gesagt, wie streng die Justiz und Aufsichtsorgane der ČNB den Paragraphen über den Informationsmissbrauch auslegen werden und welche Praxis also in Tschechien eingeführt wird.

Svoboda verteidigt sich an mehreren Fronten. Erstens war der Aktienkauf einen Tag vor Veröffentlichung der Ergebnisse angeblich ein Zusammentreffen von Umständen. „Ich gebe zu, dass ich beim Umgang mit meinem Geld etwas schlampig bin,“ erklärt der Manager in der angenehmen Umgebung seines verglasten klimatisierten Büros im Prager Stadtteil Pankrác. „Auf meinem Girokonto hatte ich viel Geld von meinen vorherigen Arbeitgebern, Kronen und Fremdwährung, das mit der Zeit an Wert verlor. Ich wollte es anlegen und hab alles auf einmal gemacht.“ Svoboda beauftragte also Spezialisten von der ČSOB /Tschechoslowakischen Handelsbank/, die dies abwickeln sollten. Als Beweis zeigt Svoboda dem Interessenten einen Ordner mit etwa dreißig Dokumenten, die einen Überblick über die abgewickelten Transaktionen geben. In deren Rahmen übertrug Svoboda auf Rat der Broker beispielsweise zwanzigtausend Euro und einundzwanzigtausend Dollar in Kronen, kaufte sich eine Lebensversicherung und Hausratsversicherung. „Eine Empfehlung betraf auch den Einkauf von Aktien, woran ich mich gehalten habe,“ meint der Manager. Zu diesem Zeitpunkt hatten die ČEZ-Aktien einen Wert von vierhundert Kronen und die Analytiker rechneten mit einem langfristigen Wachstum bis um hunderte Kronen. „Also wies ich die Broker an, sie zu kaufen. Dies geschah im Rahmen einer langfristigen Entscheidung, zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Investitionen.“

Zweitens behauptet Svoboda, dass er die Firmenergebnisse zum Zeitpunkt des Aktienkaufs gar nicht kannte. Hierfür besitzt er selbstverständlich keine Beweise. Er leugnet in keiner Weise, dass ihm das Veröffentlichungsdatum der Ergebnisse bekannt war, auf der Pressekonferenz, auf der die Bekanntgabe erfolgte, trat er sogar als Handelsdirektor auf. Seine direkten Unterstellten hatten einen Teil des Berichtes für die Journalisten vorbereitet. „Die Ergebnisse an sich erfahre ich in der Regel erst aus der Zeitung und den firmeninternen kommentierten Analysen. Die kommen aber erst später,“ behauptet Svoboda. Diese Unklarheit kann einzig und allein eine Untersuchung der Verhältnisse in ČEZ klarstellen. Die Polizei vernahm Svoboda jedoch nur einmal, die Informationsflüsse in ČEZ wurden bisher noch nicht untersucht.

Später kamen die Anwälte von Svoboda noch mit einem Argument: durch die Betriebsergebnisse wurde der Aktienpreis nicht wesentlich beeinflusst. Alles entwickelte sich mit dem von den Analytikern erwarteten Trend. „Es konnte sich nicht um den Missbrauch exklusiver Informationen handeln. Vom Gesichtspunkt des Marktes handelte es sich nämlich gar nicht um exklusive Informationen,“ verteidigt sich Svoboda.

Genauso argumentieren auch die von ČEZ in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten. Ihnen zufolge hätte Svoboda das Gesetz verletzt, wenn er etwas Unerwartetes getan, sich gegen den Preistrend der Aktien verhalten hätte. Dies war aber nicht der Fall. Die Finanzanalytiker rechneten mit einem Anstieg der Aktienpreise und die Preisentwicklung nach der Veröffentlichung brachte auch nicht Neues mit sich. So ist es beispielsweise nach der Analyse der Anwaltskanzlei Kocian, Šolc, Balaštík „nicht ausreichend, wenn der entsprechenden Person die Informationen zur Verfügung stehen, es geht darum nachzuweisen, dass die internen Informationen eine wesentliche Rolle bei der Investitionsentscheidung spielten“. Anders gesagt: im letzten Frühjahr bestanden keine Zweifel daran, dass der Preis der ČEZ-Aktien steigen wird, somit konnte also Svoboda als Direktor gar nicht über „spezielle“ Informationen verfügen.

Mein Vorschlag

Auf ein Happyend werden wir aber noch warten müssen. Die Polizei will nicht über den Fall reden, die Untersuchung wird jedoch offensichtlich deshalb fortgesetzt, weil nach der Strafordnung zur Verübung einer Straftat der Vorsatz ausreichend ist. Selbstverständlich kann niemand in den Kopf von Alan Svoboda sehen. Hätte er aber die Aktien einen Tag später gekauft, hätte es kein Problem gegeben. Nur kaufte er die Aktien zu einem Zeitpunkt, zu dem er dies als Topmanager hätte nicht tun sollen. Durch die Betriebsergebnisse wurde der Aktienpreis zwar nicht beeinflusst, sie bestätigten jedoch den Trend, an dem Svoboda später verdiente. (Die Aktien verkaufte er nach eigener Erklärung, weil er ein Haus kaufen konnte, um das er langfristig bemüht war.)

Der Streit dreht sich jetzt also darum, was „interne Informationen“ eigentlich sind und inwieweit sie den Aktienpreis beeinflussen müssen oder nicht müssen. Sollten Polizei und Staatsanwaltschaft auf ihrer Auslegung bestehen, dass „nicht die Kursbewegung, sondern das wesentliche Handeln ausschlaggebend ist“, wird der Fall vielleicht wirklich einmal vor Gericht enden.

Einen bestimmen Effekt hat der Fall jedoch bereits heute auf die tschechischen Verhältnisse. „ČEZ verabschiedete unlängst eine Richtlinie, wonach Personen aus der Leitung zwanzig Tage vor und drei Tage nach der Veröffentlichung der Ergebnisse keine Aktien einkaufen dürfen,“ meint Alan Svoboda. „Das war mein Vorschlag,“ fügt er hinzu.


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