Grausame Slowakei
Die Nachricht, dass Zigeunerkinder in der östlichen Slowakei vor Hunger Gras essen, vermieste einer Reihe von Zeitungslesern den Appetit beim Frühstück. Mit dieser Nachricht kamen Inspektoren der internationalen Organisation für Migration (IOM), die solche Szenen letztes Jahr im September mit eigenen Augen sahen.

Die Nachricht, dass Zigeunerkinder in der östlichen Slowakei vor Hunger Gras essen, vermieste einer Reihe von Zeitungslesern den Appetit beim Frühstück. Mit dieser Nachricht kamen Inspektoren der internationalen Organisation für Migration (IOM), die solche Szenen letztes Jahr im September mit eigenen Augen sahen. Seit dieser Zeit ist unter anderem dies geschehen, dass Schnee gefallen ist. Und es tauchte so die Frage auf, was nun in Orten mit einer und herzzerreißenden Armut geschieht.
Schatzsucher
Sich weidende Kinder trafen auch Karel Novák vom Amt der Regierungsbeauftragten für die Angelegenheiten der Zigeuner. „Ja, hier im Ort Rudňany spielte es sich direkt vor unseren Fenstern ab“, sagt sie. „Eine Zeitlang war die Hauptnahrung der Kinder Sauerampfer. Sie hatten dann fürchterlichen Durchfall und einige endeten im Krankenhaus.“ Nun ist die Situation etwas besser, seit September haben Kinder aus Familien in materieller Notlage das Essen fast umsonst - dies hängt jedoch von dem guten Willen der Gemeinde ab.
Rudňany hat dreieinhalbtausend Einwohner, fast die Hälfte davon lebt in einer Siedlung, die vor einem Vierteljahrhundert an der Stelle einer ehemaligen Erzmine entstanden ist. Eine der Hütten - gleich an der einzigen Wasserquelle der gesamten Siedlung, verbogene Rohre, die senkrecht aus dem Boden ragen - gehört Frau Zdena Pokutová und ihrem Mann. Innen ist es viel gemütlicher, als der Bau, drei mal drei Meter ohne Fenster, von Außen verspricht. Holzscheite, die um einen kleinen Ofen gestapelt sind, ein Tisch mit einem sauberen Tischtuch, zwei Couchen, gleichzeitig zum Sitzen und Schlafen. Frau Zdena ist einer der wenigen Einwohner der Siedlung, die Arbeit haben. Schon im zweiten Jahr ist sie - dank des Projektes der Prager Humanitätsorganisation „Člověk v tísni (Mensch in Not)“, welches hier der schon genannte Karel Novák eingeführt hat - als Gesundheitsassistentin tätig. Sie arbeitet im Warteraum eines Doktors und nach der Arbeit bietet sie den Einwohnern der Siedlung erste Hilfe an. „Dafür habe ich meine Tasche“, Frau Zdena zeigt eine Tasche voller Medikamente und Verbände. „Ich habe sie von einem jungen Mann aus Prag bekommen und schauen sie, wie viel ich in ihr habe. Einige Medikamente musste ich selber kaufen.“ Letztes Jahr hat Frau Zdena für die Arbeit als Gesundheitsassistentin ein Gehalt von fünfeinhalbtausend Kronen bekommen, aber nach der Sozialreform der slowakischen Regierung letztes Jahr arbeitet sie für einen sog. Aktivierungszuschuss (siehe Box) - fünfzehnhundert für die, die neben der Unterstützung noch eine gemeinnützige Arbeit annehmen. „Der Bürgermeister sagte, dass er für mich jetzt kein Geld mehr hat. Aber er versprach mir, dass er mich wieder einstellt, wenn er kann. Hoffentlich klappt es“, sagt Frau Zdena. Dank ihres Einkommens und der Pension ihres Mannes, der in der Mine gearbeitet hat, kommen die Pokutovy aus, in der Siedlung sind sie aber eher die Ausnahme. Nach der Kürzung der Unterstützung letztes Jahr müssen zahlreiche Familien nach Schätzung mit zweitausend Kronen monatlich auskommen. Die meisten der Einwohner sind deswegen bei dem Pfandleier verschuldet, oder - wie man in der Zigeunerkommune sagt - ausfresse. Sie sind die einzigen, die den verarmten Siedlern in besonderen Situationen (zum Beispiel zum Bezahlen des Begräbnisses eines Familienmitgliedes) Geld leihen, angesichts der riesigen Zinsen nehmen sie sich jedoch schon bald vom Schuldner die gesamte Unterstützung und leihen ihm für seinen Lebensunterhalt ca. ein Viertel wieder.


Desider's Lied
Die Siedlung am Stadtrand des ostslowakischen Třebišov gehört zu den größten und armseligsten. Eben hier brauchen vor einem Jahr nach der Kürzung der Sozialunterstützungen Unruhen in Verbindung mit Lebensmittelplünderungen aus. Eine schäbige Wohneinheit am Rande der Siedlung, wo uns einer der örtliche Führer der Kommune, Šándor Desider, empfängt, bietet für die hiesigen Verhältnisse ein komfortables Wohnen. Es fliest hier Wasser und die Wände halten die Wärme aus dem Ofen. Tiefer in der Siedlung ändert sich die Kulisse. Durch den tiefen Schlamm zwischen den Hütten aus Blech und Unlimozellen schleppen sich Menschen mit Holz auf ihren Rücken, in einem der Eingänge steht ein junger Mann mit einem Beutel Toluol vor dem Gesicht.
Šándor Desider (35) gehört in der Siedlung zu den Fähigsten, weil er hier nicht aufgewachsen ist. Er verfiel hierher aus der normalen Welt. Er wuchs in einer Wohnung, unweit der Genossenschaft, wo seine Eltern arbeiteten, auf. Er begann mit einer Lehre zum Agrarmechaniker und über seine Zukunft war er sich klar. Er würde wie seine Eltern in der Genossenschaft arbeiten. Dann starb jedoch sein Vater, seine Mutter wartete eineinhalb Jahre auf die Witwenrente und er ließ die Lehre sein, damit er seine Geschwister unterhalten konnte. Am Anfang der 90. Jahre bekam seine Existenz einen weiteren Schlag, der neue Eigentümer des privatisierten Hofes entließ die meisten Angestellten und so verlor er seine Arbeit. Einen Zigeuner mit einer unbeendeten Lehre, zu dieser Zeit schon Vater von zwei Kindern, wollte niemand beschäftigen. Die Stadt teilte ihm eine Unlimozelle in der Siedlung zu, welche er nach und nach für eine komfortable Wohneinheit tauschte.
„Alle Fernseherstationen sendeten Reportagen über die Plünderungen in Trhoviště und dann in Čierna bei Čope. Unsere Leute schauten zu und sagten sich: Wir müssen einer hinter dem anderen stehen, alle zusammen unserem Ziel nachgehen - die Erhöhung der Unterstützung“, erinnert sich Šándor Desider an die Unruhen vom letzten Jahr. „Und wenn sie schon plünderten, dann aßen sie auch. Sie waren hungrig. Dann drangen Vermummte ein, gingen von Wohnung zu Wohnung und schlugen jeden. Sie wollten unsere Leute nicht zum Doktor lassen, um ihre Verletzungen behandeln zu lassen.“ Die Proteste breiteten sich am Ende nur auf sechs von insgesamt sechshundertsechzig Zigeunersiedlungen in der Slowakei aus.
„Kommen Sie, Ingrid Zubková ist angekommen“, Šándor Desider steht auf und führt uns in den angrenzenden Eingang, wo dass Kommunenzentrum ist. Die junge Psychologin aus Třebišov (Pressburg), die auch eine Zigeunerin ist, hat seine Bewunderung. „Glauben Sie, dass die Polizei das Plündern gestoppt hat, in dem sie uns geschlagen hat? Nein. Ingird Zubková hat es gestoppt, in dem sie Essen gebracht hat. Persönlich ging ich zu jeder Familie, damit sie sich das Essen abholen“, sagt er. „Und seitdem blieb sie hier. Sie ist unsere Hoffnung.“ Eine schöne junge Frau - bis zu diesem Jahr eine Lehrerin an einer spezialen Schule - tritt in die Tür ein, mit einem Computer unter dem Arm und noch bevor sie sich mit den Leuten begrüßt, die gleich herbeigeeilt sind, plant sie, auf welchen Tisch der neue und auf welchen der alte Computer kommt.
Ihre schon ein Jahr lang dauernde Arbeit in der Siedlung beschreibt sie sehr mäßig, wie eine der selbstverständlichsten Sachen. „Die Anregungen kommen von den Menschen aus der Siedlung, ich schreibe nur die Projekte und treibe das Geld auf“, sagt sie. Darüber hinaus, dass ihre Vereinigung einige Sozialarbeiter vor Ort anstellt - einer wurde eben Šandor Desider - schulte und stellte sie in der Siedlung weitere Personen als Gesundheitswache ein. Kinder, die sich im Kommunenzentrum versammeln, versuchen sie zum Lernen zu motivieren. „Ich sage ihnen: Überlegt, in welchen Bedingungen ihr lebt und warum“, sagt Ingrid Zubková. Šandor Desider bekam durch das Interesse der jungen Psychologin an der Siedlung neue Energie. „Wir könnten die Grundstücke hinter der Siedlung kaufen, Gewächshäuser bauen und Gemüse anbauen“, plant er. „Für uns und zum Verkauf. Das Geld könnten wir dann dazu benutzen, diese schrecklichen Hütten niederzureißen und besseres Wohnen zu bauen.“
David führt sein Volk hinaus
In der Siedlung bei dem Dorf Svinia hinter Prešov träumten die Zigeuner Šandor's Traum von Geschäften aus den Hütten schon seit der Hälfte der 90er Jahre. Damals besuchte sie zum ersten Mal der Völkerkundestudent Alexandr Mušinka gemeinsam mit seinem kanadischen Professor David Scheffel. Der wünschte sich, dass Studenten, die aus seiner Heimat zu ihm kamen, um die Kultur von Zentraleuropa kennen zu lernen, sich auch eine Zigeunersiedlung ansah. „Als wir auf dem Platz inmitten der Siedlung aus dem Bus ausstiegen, waren wir sehr erstaunt in was für einem Elend wir uns befanden“, erinnert sich Alexandr Mušinka, heute ein Arbeiter des Bezirkszentrums für die Zigeunerfrage in Prešov. Nackte Kinder, Wasser für alle aus einem Schlauch, überall Schmutz und Abfälle. Für ihn und David Scheffel wurde dies zu einem schicksalhaften Besuch. Während sich der in Prešov geborene Mušinka entschied, dass er eine unbekannte Kommune nicht nach Afrika studieren geht, wenn er sie direkt vor seiner Nase hat, entschied sich Scheffel zu handeln. Alles zu tun, um das Leben der dortigen Menschen zu verbessern. Beide fingen an regelmäßig die Siedlung zu besuchen und nach und nach erlangten sie das Vertrauen der Zigeuner. „Er nahm unsere Kinder in die Stadt“, beschreibt einer der örtlichen Führer Ignác Červeňák, wodurch sie Alexandr Mušinka für sich gewann. „Seine Tochter nahm er in den Ferien hierher zu uns.“ Als im Jahre 1998 die Siedlung vom großen Wasser weggespült wurde, nahmen die Pläne der Anthropologen auf ein neues und besseres Wohnen dank der besseren Möglichkeit Geld aufzutreiben konkrete Gestalt an. David Scheffel trieb von einer Stiftung der kanadischen Regierung unglaubliche 150 Millionen Kronen, aus dem europäischen Fond Phare sollten Mittel für Wasserleitungen und Kanalisation kommen. Die Zigeuner aus Svinia begannen von einem besseren Leben zu träumen. Sie räumten die Siedlung auf, erlernten das Handwerk in einer Schreinerei, die Frauen machten Kerzen und häkelten Taschen. Sie fingen auch an zu sparen und alles lief wie am Schnürchen. Es fehlte nur noch eines. Die Vertretung der Gemeinde musste nur noch den Bebauungsplan verändern, damit aus dem Feld Parzellen entstehen. Die Befürworter des Projekts, der Bürgermeister und die Vertreter der SDK, überwiegten mit einer Stimme die Gegner aus der Partei HZDS des damaligen Premierministers Vladimír Mečiar. Damals machte der Bürgermeister einen schicksalhaften Fehler. Es fehlte nur ein Monat bis zu den Wahlen und so verkündete er, dass über eine so grundsätzliche Sache die neuen Politiker entscheiden müssen.
Nach den Wahlen hatten die Politiker die HZDS im Rathaus die Oberhand. Zu einer Änderung des Bebauungsplanes kam es natürlich nicht. Der erste Beschluss der neuen Dorfvertretung lautete: Nichts wird gebaut. Herr Mušinka weiß sich bis heute keinen Rat, was er mit einer so irrationalen Entscheidung der weißen Mehrheit machen soll. „Ich erwartete, dass sie sich nach dem gesunden Menschenverstand benehmen würden“, sagt er. „Laut unserer Umfrage hat die Gemeinde vier Hauptprobleme - Zigeuner, Arbeitslosigkeit, Wasserleitungen und Kanalisation. Alle konnten wir mit unserem Projekt lösen. Eine Bedingung für die Investoren war es, dass sie den hiesigen Menschen Arbeit geben. Und die Wasserleitungen und die Kanalisation hätten wir gemeinsam mit der Siedlung für das europäische Geld auch für die Gemeinde gemacht.“
Sonntagnachmittag, die Bürgermeisterin von Svinia Agnes Uličná kehrt gerade aus der Kirche zurück. Auf die Frage, warum sie das Projekt abgelehnt hat, schüttelt sie nur den Kopf: „Ich werde ihnen dazu keine Informationen geben.“ Und verschwindet hinter der Tür ihres Hauses. Ihr Vertreter Milan Kandra ist gesprächiger. „Es wird nur über die Zigeuner debattiert, aber Probleme haben auch normale Leute. Ihnen kommt niemand entgegen“, sagt er. „Zum Beispiel meine Tochter - sie bekam von ihrem Opa ein Grundstück, mit dem Ehemann nahm sie sich ein Darlehen in Höhe von 900 000 Kronen für den Hausbau, aber es reicht ihnen nicht. Jetzt haben sie nicht genug für den Abschluss des Hauses und müssen bei uns wohnen. Zigeuner arbeiten nicht und bekommen Unterstützung. Wir machen alles Mögliche, aber trotzdem will uns niemand etwas umsonst geben.“ Das Gemüt des Vertreters des Bürgermeisters erhitzt sich. „Sie sollten nicht so viele Kinder haben, wenn sie sich nicht um sie kümmern können“, er erhebt seine Stimme. „Am Ende werden sie sich noch über mich lustig machen: Du bist dumm, gehst in die Arbeit und kannst nicht einmal Kinder machen. Was? Wie wird hier das Zusammenleben von Weißen und Zigeunern in zehn Jahren aussehen? Davor habe ich auch Angst. Aber für dieses Problem sind andere da. Die staatliche Beauftragte für die Frage der Zigeuner bekommt Gehalt dafür.“
Zwei Möglichkeiten
„Politikern, die wie der Bürgermeistervertreter von Svinia reden, sage ich immer: Wenn ihr nichts unternehmt, werden euch eure Zigeuner eines Tages aufessen. Ihr habt nur zwei Möglichkeiten. Entweder erschießt ihr sie oder ihr helft ihnen“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Spišský Hrhov, Vladimír Ledecký. Er selbst hat während seiner siebenjährigen Amtszeit alles getan, was in seiner Macht war, um das Leben von dreihundert Menschen in der Siedlung in Hrhov zu verbessern. Obwohl seine Einstellung in der Slowakei ein Einzelfall ist, glaubt er, dass sie seinem Beispiel folgen werden. Gleichzeitig versteht er seine Bürgermeisterkollegen: „Am Anfang betrachtete ich die Zigeuner wie jeder andere. Wie jemanden, mit dem nur Probleme sind und vom Staat finanziert wird. Dann wurde mir jedoch klar, dass wenn wir in der Zukunft aufhören wollen, sie zu finanzieren, müssen wir ihnen jetzt helfen.“ Vladimír Ledecky verband seine vertrauliche Kenntnis der Umgebung mit seinem Studium der Zigeunerkultur auf der Universität in Nitra. Das erste kannte er aus seiner Kindheit, er wuchs mit den Kindern aus der Siedlung auf. Die Bildung ergänzte er sich erst im Amt des Bürgermeisters. Die Ursachen des derzeitigen Elends der Zigeuner sieht Herr Ledecký in zwei Sachen - im Verdienen und in der Bildung. Deswegen fing er vom Ende an. In der Schule führte er Mittagessen für Zigeunerkinder umsonst ein und Familien, deren Kinder die Schule versäumten, zahlten die Gemeinde einen Teil der Unterstützung nicht aus. Also ist heute die Anwesenheit von Zigeunerkindern hundertprozentig.
Die Schule half dem Bürgermeister auch, besser die Zigeunermentalität zu verstehen. „Es sind Kleinigkeiten, aber sie funktionieren“, sagt Herr Ledecký. „Zum Beispiel, dass eine Lohnauszahlung nach einem Monat für die Zigeuner unbegreiflich ist, was wird in einem Monat? Aber wenn sie ihnen das Geld jeden Tag nach der Arbeit geben, werden sie bessere Racker schwer finden. Ganz einfach, es lohnt sich für uns von ihnen nicht zu verlangen, sich unserer Auffassung anzupassen, sondern sich ihrer anzupassen.“ Der Bürgermeister macht auch alles dafür, damit für seine Zigeuner genug Arbeit ist. Neue Wohneinheiten, Kanalisation, Wasserleitung, dies alles macht anstelle von fremden Firmen eine Firma der Gemeinde, die hiesige Menschen anstellen. Heute haben in der Siedlung unglaubliche 40 Prozent aller Männer Arbeit, im Vergleich zum slowakischen Durchschnitt, der um 0 Prozent liegt.
Papier aus Prag
Ähnlich denkende Bürgermeister gibt es in der Slowakei nur wenig. Für Nichtprofitorganisation ist daher die Erfahrung aus der Pleite des Projekts in Svinia ein Grund zur Änderung der Strategie. Noch mehr als mit den Zigeunern muss mit der weißen Bevölkerung gearbeitet werden. „Entscheidend sind die, die die Regeln machen“, sagt Karel Novák. „Es geht nicht nur in die Siedlung zu gehen und die Weißen vor eine fertige Sache zu stellen. Jedes Projekt beurteilen sie dann negativ: Na klar, wieder etwas für die Zigeuner.“ Michal Smetanka, der Karel Novák im Dress der Organisation Mensch in Not ausgewechselt hat, nach dessen Abgang in ein Regierungsamt nach Pressburg, stimmt damit überein: „Wenn sie mit dem Bürgermeister nicht regelmäßig Kaffee trinken, dann kommen sie mit einigen Sachen schwer voran“, sagt er. „Ich gehe es so an, dass ich der Gemeinde einen strategischen Plan oder Projekt anbiete - unter der Bedingung, dass es auch die Zigeuner betreffen wird“, sagt Michal Smetanka. „Darauf fangen sich 99 % der Bürgermeister. Es freut sie, dass sie nicht 15 tausend bezahlen müssen, aber das ihnen irgend ein Verrückter das Projekt umsonst schreibt.“
Während einiger Monate will Michal Smetánka eine Agentur gründen, die Zigeunern Arbeit im Ausland vermittelt. „Wenn es die Agenturen der Pfandleier können, die Menschen zu Sklavenarbeiten fast ohne Gehalt zwingen, werden wir es auch können“, sagt er. „Wir bieten den Arbeitgebern gleichen Dienste an - eine Gruppe von Leuten, um die sie sich nicht kümmern müssen - wir besorgen ihnen eine Unterkunft, Ersatz für die, die weggehen. Außerdem werden wir in der Lage sein eine Gruppe von Maurern oder Holzfällern aus der gesamten Slowakei zusammenzustellen, nicht nur aus einer Lokalität. Im Unterschied zu den Ausnützern werden wir den Menschen das ganze Gehalt geben.“ Nach Michal Smétanka ist gerade dies der Weg, wir man die Zigeuner auch wieder auf den slowakischen Arbeitsmarkt zurückbekommen. „Heute stellt hier niemand einen Zigeuner ein“, sagt er. „Aber wenn er mit einem Papier kommt, dass er in Irland oder Prag war, wird er vielleicht von jemandem angestellt.“
Solche Überlegungen und die ersten Schwalben der Hilfe klingen versprechend, aber damit sich die Situation der Zigeuner in der Slowakei wirklich verbessert, ist viel mehr Menschen und Geld nötig. Die Regierung von Dzurinda zeigt jedoch bis auf weiteres zu ähnlichem Engagement keine Bereitschaft. „Unsere Interpretation ist diese, dass die Regierung von dem Ausmaß ihrer Reform entweder nichts weiß oder nichts wissen will“, schreibt dazu die Internationale Organisation für Migration in ihrem letzten Bericht für das tschechische Kabinett und ergänzt: Deswegen können wir in absehbarer Zeit kein Engagement der staatliche Organe in der komplexen und systematischen Lösung von Problemen der Armut und sozialen Ausgrenzung, beruhend auf einer ethnisch definierten Diskriminierung, erwarten."
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat gerade ihren dritten und letzten Bericht zu Situation der Zigeunerkommune in der Slowakei beendend. Sie widmete sich darin der Analyse der Auswirkung der Sozialreform der slowakischen Regierung auf das Leben der dortigen Zigeunerminderheit. Laut der IOM erfasste die Senkung der sozialen Unterstützung letztes Jahr im Durchschnitt empfindlich die Hälfte des Haushaltsgeldes von ca. einer halbe Million Familien von Menschen ohne Arbeit. Zum Beispiel wird einer Familie mit mehr als vier Kindern nun 4 500 Kronen ausbezahlt, währenddessen sie früher 10 500 Kronen bekommen haben. Laut dem Gesetz haben sie das Recht sich die Unterstützung zu verbessern - der sog. Aktivierungszuschuss in Höhe von 1 500 Kronen - Arbeitslose, die eine gemeinnützige Arbeit annehmen. Während allerdings die Kürzungen bei der „Weißen“ Mehrheit zu einer Senkung der Arbeitslosigkeit von 19 auf 14% führten, war der Effekt für die Kommune von einigen sechstausend slowakischen Zigeunern in den Siedlungen und städtische Ghettos rein negativ. Die Chancen von Leuten, die nicht einmal eine Lehre haben und meistens auch Analphabeten sind, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten sind nämlich fast Null. Die einzige Konsequenz der Reform von Kaníkov für ihr Leben ist kein Ansporn zur Aktivität, sondern ein unausweichlicher Verfall in noch größeres Elend als bisher.
Laut IOM verschlechtert sich radikal der Gesundheitszustand von Zigeunerkindern: es sind bei ihnen Anzeichen von Unterernährung sichtbar und die Säuglingssterblichkeit ist dreimal so hoch wie der slowakische Durchschnitt. Im Gegenteil wächst die Kriminalität in der Zigeunerpopulation, von kleinen Diebstählen bis zu Raubüberfällen.
„Ich freue mich, wenn sich die Zigeuner ihrer Möglichkeiten bewusst werden“, sagt der Chefredaktor der slowakischen Tageszeitung SME, Martin M. Šimeček.
Wie spiegelten die slowakischen Medien die Sozialreform von Minister Kaník und ihre Auswirkung auf einige sechstausend Zigeuner in den Siedlungen wieder?
Je nach dem. Wir waren am Anfang für die Reform. Sie kam uns rational vor, war mit Erwartungen verbunden. Als jedoch die Unruhen der Zigeuner auftauchten, begannen wir nach ihren Ursachen zu forschen. Es zeigte sich, dass die Reform ihre Möglichkeiten noch verschlechtert hat - auch wenn sie davor schon nicht viele hatten. Deswegen fingen wir an, die Reform zu kritisieren. Jetzt sagen wir, dass die Zigeunerminderheit ein so fatales Problem dieser Gesellschaft darstellt, dass man es nicht als Teil der gesamten Reform ansehen kann. Es ist ein spezifisches Problem und wir müsse damit etwas tun.
Bei einem Besuch der Siedlung sieht man, dass die Leute dort wie in einer Falle sind - Analphabeten, Umgeben von der allgemeinen Abneigung, ohne Chance Arbeit zu finden und sich selber zu helfen. Was hat sich, ihrer Meinung nach, die Regierung davon versprochen, dass die diesen Menschen die Unterstützung kürzt?
Nach der Regierung - die Reform darf ethnische Minderheiten nicht berücksichtigen. Es gibt nur arme und reiche Menschen. Der Ausgangspunkt war, dass das soziale Netz ausgenutzt wird. Es ist nötig es so zu verändern, dass Leute, die arbeiten können aber nicht wollen, raus fallen. Es wurde abgelehnt, dass Zigeuner etwas anderes sind, einfach Einwohner wie Einwohner. Menschen nach der Rasse zu unterscheiden wären eine Diskriminierung. Die Praxis zeigte jedoch, dass es so leider nicht funktioniert. In der Slowakei stellt heute niemand einen Zigeuner ein - und damit hat die Reform nicht gerechnet.
In der Slowakei haben sich schon viele Menschen mit groß angelegten Projekten zur Hilfe der Zigeuner gefunden - alles endete aber wegen dem Widerstand der Vertreter und Einwohner. Woher kommt diese Feindschaft in den Menschen?
Ein bekanntes slowakisches Sprichwort lautet: Wenn meine Ziege verendet ist, soll sie auch meinem Nachbar verenden. Es zeigt die Unwilligkeit anderen etwas zu wünschen. Weiße Slowaker haben das Gefühl - damit wurden wir beim Schreiben dieser Reportage konfrontiert - die Zigeuner bekommen Geld und was ist mit uns? Warum bauen sie ihnen Häuser und uns geben sie nichts? Es ist natürlich unlogisch, dass wenn es die Zigeuner gut haben werden, können es auch die Weißen. Aber sie sollten darin keine Logik suchen.
Der Bürgermeister der Gemeinde Spišský Hrhov macht für die Zigeuner in seiner Siedlung alles, was in seiner Macht ist. Er sagt: Wir haben zwei Möglichkeiten, sie erschießen oder ihnen helfen. Sonst werden sie uns in ein paar Jahren auffressen. Was denken sie, wie das Zusammenleben von Weißen und Zigeunern in zehn Jahren aussehen wird?
Ich finde es grauenhaft, dass Zigeuner wehrlos sind. Sie werden keine Revolution machen. Sie sind so verwüstet und wehrlos, die Gesellschaft stellt ihnen mehr und mehr Barrieren in den Weg, die es ihnen noch mehr unmöglich machen zu revoltieren. Wenn sie nur ein bisschen Bildung erlangen würden, wenn sich ihr Lebensstandard ein bisschen verbessern würde, würden sie anfangen sich zu organisieren, politisch zu funktionieren. Im Augenblick, wenn sie sich ihrer Möglichkeiten bewusst werden, kommt es zu einem anderen Krisentyp - einen Interessenskonflikt, der schon organisiert wäre. Ich würde dies begrüßen. Die Gesellschaft muss sich klar werde, in was für einer hoffnungslosen Situation sich die Zigeuner befinden. Ich will die Regierung nicht verdächtigen, dass sie sie künstlich in diesem Zustand hält - das wäre zu zynisch - wenn ich aber tiefer graben würde, wäre ich mir nicht sicher, dass irgendwo im Unterbewusstsein dieses Motiv nicht funktioniert.
Können Sie sich vorstellen, was sie als fünfzehnjähriger Junge aus einer Zigeunersiedlung machen würde?
Mit dem Verstand - auch wenn mit einem Schrecken - kann ich mir seine ausweglose Situation vorstellen. Aber ich kann mich nicht in sie hineinversetzen. Diese Leute sind nahezu ohne Chance. Ein Kind, das mit weiteren zehn Personen in der Hütte lebt, kann nichts für die Schule lernen. Physisch kann es nicht, es hat keinen Platz. Dies will unsere Gesellschaft nicht anerkennen, Selbst die Regierung nimmt es nicht wahr. Die Gleichgültigkeit der Regierung und der Gesellschaft erschreckt mich genauso wie die Situation der Zigeuner.
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