Pozadí astronaut Brázda
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Často hledáte, jak…

Respekt auf Deutsch

Direkt aus Liberec

Der Amateurbergsteiger und -gleitschirmflieger Radek Nováček (39) verbrachte schon immer viel Zeit in der Natur. Und schon immer hat es ihn gestört, dass er auf dem tschechischen Markt keine passende Kleidung dafür finden konnte. Um die Wende in den Neunzigerjahren gab es in den tschechischen Geschäften nichts, doch anstatt ins Ausland zu fahren und sich dort für teures Geld Hosen und Jacken zu kaufen, begann er mit einem Freund selbst Kleider zu nähen.

Skier im Wohnzimmer
Einer der Marketingangestellten der Liberec Firma Direct Alpine darf sich etwa zweimal pro Jahr im Top-Modeln üben. Grund dafür ist seine Figur, die ziemlich genau der Männergrösse L entspricht: während der Entwicklung der neuen Kleidungskollektion wimmelt das ganze Team um ihn herum und alle prüfen, ob die Kleidungsstücke in der Realität bestehen können. „Wenn wir beispielsweise eine Jacke testen, muss sich der Kollege vollständig ausrüsten, muss darunter nicht nur T-Shirt und Pullover anziehen, sondern auch einen Rucksack, und sich dann auf verschiedene Arten bewegen. Wir müssen sehen, ob der Reissverschluss oder die Brusttasche nicht dem Rucksack im Weg sind“, erklärt Radek Nováček, Gründer von Direct Alpine.

Den Nachmittag so angezogen im Büro zu verbringen, als wäre es minus zehn Grad, ist nicht unbedingt ein angenehmes Erlebnis. Aber trotzdem muss sich Sportkleidung im Unterschied zur normalen Kleidung laut Nováček direkt an den Menschen entwickeln. Wenn dann die Damenkollektion an der Reihe ist, kommt die Schwester eines weiteren Angestellten in die Firma und steht für zwei Stunden mit einem Helm auf dem Kopf in der Mitte des Besprechungszimmers, damit die Entwickler wissen, wie gross die Kapuzen geschnitten sein müssen, damit sie über den Helm passen. Und wenn ein Angestellter im Sommer Skier zur Arbeit trägt, ist dies keineswegs eine Ausnahme - es ist ein Test, wo genau sich die Schulterverstärkungen an der Jacke beim Skiertragen abwetzen.

Doch lässt es sich im Büro schlecht an Felsen klettern und Gleitschirmfliegen, und deshalb bietet die Firma ihre Ausrüstung auch sechs berühmten tschechischen Wanderern, Bergsteigern und Gleitschirmfliegern gratis an, im Gegenzug verlangt sie von ihnen eine detaillierte Bewertung. „Sie helfen uns gerne. Dies ist unsere beste Informationsquelle für die Verbesserung der Modelle“, so Nováček, der eigentlich am liebsten gar nicht auf das Erscheinen der neuen Kollektion warten, sondern schon jetzt in die Berge fahren würde. Auch die anderen des dreizehnköpfigen jungen Teams reizen aussergewöhnliche sportliche Leistungen, deshalb testen sie auch selbst oft in der Realität, ob ihre Produkte den Bedürfnissen unter extremen Bedingungen standhalten.

Laserschnitt
Heute stellt die Firma pro Monat 3500 Kleidungsstücke und Zubehör nicht nur für Europa, sondern auch zum Beispiel für Kanada her. In der tschechischen Realität war sie jedoch nie alleine. In den letzten zwanzig Jahren haben sich auf dem Markt für Outdoorausrüstung weitere heimische Marken wie Pinguine, Singingrock, Rockempire, Tilak, Schwarzkopf, Doldy, Raveltic oder Warmpeace angesiedelt. Am Anfang stand überall eine Gruppe junger Sportler, die ihre Freizeit in den Bergen verbrachte. Und weil es keine anständige Ausrüstung auf dem Markt gab, fingen sie an selbst zu nähen.

Und so ähnlich war dies auch in Liberec. Die lokalen Amateurbergsteiger haben sich vor 1989 oft nicht nur über ihre erträumten Reiseziele unterhalten, sondern sind unfreiwillig auch zu Schneidern geworden. Qualitätsbekleidung für Hochtouren gab es auf dem Markt keine, deshalb haben sie die synthetische Kinderdecke „Larisa“ gekauft und daraus Fleecejacken genäht. Weil ihnen die Schneiderausbildung fehlte, setzte sich tschechische Bastelarbeit durch: den richtigen Schnitt erhielten sie ganz einfach durch das Auftrennen alter Jacken.

Nach der Grenzöffnung hat sich deshalb der Elektriker Radek Nováček mit seinem Freund zusammen entschlossen, qualitativere Stoffe ins Land einzuführen. Weil sich aber auf dem tschechischen Markt keine Firmen finden liessen, welche aus den Materialien geeignete Kleidung hergestellt hätten, mit welchen die jungen Sportler in den Bergen zufrieden gewesen wären, haben sie sich Ende der neunziger Jahre in Liberec eine kleine Werkstatt gemietet und begannen eigene Modelle zu nähen. Inspiration holten sie sich bei ausländischen Grosshandelsmärkten und schon bei ihren ersten Versuchen kam eine Bestellung direkt aus Kanada, weil die Tschechen ihre Waren zu konkurrenzlos tiefen Preisen anboten.

Die Herstellung im Grossen ermöglichte schliesslich die Investition des Besitzers der Gesellschaft HUDYsport

Jindra Hudeček

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„Auf dem Markt fehlten einfach Hosen mit Verstärkungen im Knie- oder Gesässbereich. Bei den Jacken wurde der Rücken nackt, wenn man die Arme streckte“,

beschreibt Nováček die Situation. Spitzenjacken aus dem Ausland waren gleichzeitig oft unerschwinglich. Die Tricks wie ein Reißverschluss unten an den Hosenbeinen, damit man die Hose über die Schuhe ziehen kann oder ein Gummiband, damit die Hosen in der Taille verschiedenen Leute passen, sicherten ihnen erste Kunden. Für das Design haben sie sich auf Bergtouren bei Freunden inspirieren lassen, die ihre Kleidung auch stets selbst nähten.

Auch wenn die Firma ihren Sitz im ehemaligen Herz der tschechischen Textilindustrie hat, muss sie heute alle Stoffe aus dem Ausland beziehen, und so ähnlich sieht es auch mit der Produktion aus, jedes zweite Stück produziert die Firma heute im Vietnam oder in Indien. „Es ist nicht nur eine Preisfrage. Diese moderne Technologie findet man in keiner tschechischen Fabrik. In Vietnam schaffen sie es, Reissverschlüsse mit Laser anzukleben und auch einzelne Stoffstücke mit Laser zu schneiden, was um einiges genauer ist als bei Handarbeit“, so Nováček.

Einen Vorteil bringt jedoch die Region mit Textiltradition trotzdem. Schon von Beginn an arbeitete Direct Alpine mit Studenten zusammen, die in Liberec an der Textilfakultät oder an Fachschulen Bekleidungswesen studieren. In der Anfangszeit ging es eher um Studentenjobs, heute schlägt die Firma den Schulen jährlich ein paar Themen aus der Herstellung für Diplomarbeiten vor. Die Absolventen des Textilfachs enden meist in der Autoindustrie, deshalb freuen sie sich über die Möglichkeit, einen Einblick in eine Kleiderfabrik zu erhalten. Und so testen sie im Rahmen ihrer Abschlussarbeit zu Beispiel, wie sich ein konkretes Material nach 30 Waschgängen verändert oder wie ein Stoff auf verschiedene Imprägnierungen reagiert.

Blau und schwarz
Radek Nováček, welcher im T-Shirt keineswegs wie ein kühler Geschäftsmann wirkt, würde sich gerne auf die Entwicklung professioneller Kollektionen in höchster Qualität spezialisieren. Nur gibt es dafür in Tschechien nicht genügend Abnehmer, weil man für eine Jacke dank den besten Materialien anstatt vier bis zu siebentausend Kronen zahlt. Und auch wenn sich vor fünf Jahren die Einkaufsgewohnheiten der Tschechen geändert haben und die Leute plötzlich begannen, auch hochqualitative Outdoorbekleidung zu kaufen, konnten sie die Firma mit dem kleinen Absatz im Inland längerfristig nicht am Leben halten. Mit einer unbekannten und kleinen Marke aus Osteuropa ins Ausland zu expandieren, schien zu Beginn utopisch, heute gehen jedoch bereits 50 Prozent der Waren ins Ausland. Zum tiefstmöglichen Preis haben sie vor einigen Jahren französischen Bergführern Kleidungsstücke angeboten und sich darauf verlassen, dass sich die Marke durch ihre Qualität selbst berühmt macht. Und das ist gelungen.

„Wenn sich jemand neue Kleidung kaufen will, fragt er oft Profis in den Bergen, wie zufrieden sie mit ihrer Ausrüstung sind und worauf man beim Kauf achten soll. Wir rechnen damit, dass sie sagen, dass sie zum Beispiel mit unseren Jacken zwei Tage im Regen waren und die ganze Zeit trocken blieben“, erklärt Nováček. Die Ansprüche aller Kunden zu kombinieren ist jedoch nicht ganz einfach: Profisportler schauen nicht so auf das Design, erwarten jedoch hohe Funktonalität und die einfachstmögliche Ausführung, denn jeder Reissverschluss kann kaputt gehen. Im Gegensatz dazu stehen Leute, welche sich die Kleidung „für die Strasse“ kaufen: sie möchten so viele Details wie möglich, da beispielsweise mehr Reissverschlüsse eine Jacke teurer erscheinen lassen.

Tschechen gefallen sich übrigens traditionell in konservativen Farben wie Dunkelblau und Schwarz, bunte Elemente oder Reissverschlüsse in Kontrastfarben stossen hier auf minimales Feedback. „Wenn auf dem internationalen Markt Designer Limettengrün oder Hellblau als Farbe der nächsten Saison verkünden, wissen wir, dass sich dies in Tschechien vielleicht mit einem oder zwei Jahren Verspätung verkaufen wird. Tschechen wollen eher unauffällig sein. Nur Rot mögen sie gerne, weil sie es mit Rettungskräften verbinden“, so Nováček. Deshalb produziert Direct Alpine oft für den westlichen Markt andere Ausführungen als fürs Inland.

Auch wenn im Ausland die Kundinnen für weisse Jacken Schlange stehen, argumentieren Tschechinnen dagegen, dass diese sofort schmutzig werden, und wählen lieber zum Beispiel ein schwarzes Modell. Im Gegensatz dazu muss die Firma schwarze Ausführungen gar nicht erst ins Ausland liefern. Weder im Ausland noch in Tschechien ist durch die Krise eine Verkaufsabnahme zu spüren, weil die Sommersaison erst beginnt. Trotzdem, einen Trend gibt es: die Leute kaufen sich eher universale Ausrüstung, welche sie nicht nur für Bergtouren, sondern auch beispielsweise für die Skipiste brauchen können.

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