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Schlacht um die Karlsbrücke

Stadt der Kultur? Straßenmusiker werden vom historischen Zentrum weitgehend ferngehalten

„Ich bin ein bisschen nervös. Ich habe mein Schlagzeug nicht dabei, sondern nur Eierrasseln und eine Triangel“, verrät Zdislava, die am Prager Konservatorium studiert. Mit dem Gitarristen Tomáš steht sie bereits seit einer ganzen Weile an einer Straßenecke am Havel-Markt (Havelský trh). Sie öffnet ein handgeschriebenes Gesangsbuch und legt es auf einen Notenständer. Vorbeigehende Touristen machen Fotos von den Beiden, einige bewegen sich zum Rhythmus der Musik und als ein Hit von Eros Ramazzotti gespielt wird, greift ein junger Italiener selbst zur Gitarre. Nach fünf Liedern fällt die erste 20-Kronen-Münze in den schwarzen Hut. Es soll nicht die letzte an diesem Tag gewesen sein.

Zdislava und Tomáš waren eine von etwa 50 Gruppen, die sich vor zwei Wochen an einer von der Initiative „BuskerVille“ organisierten Protestaktion gegen die rigorose Ausgrenzung der Straßenkunst aus dem Prager Zentrum beteiligten. Die Hälfte der Teilnehmer spielte dabei zum ersten Mal überhaupt auf der Straße. Allein die Tatsache, dass Passanten einen Augenblick stehenblieben oder sich nach ihnen umschauten, bereitete den Musikern Freude.

Nach der positiven Erfahrung hätten sich Zdislava und Tomáš gern offiziell als Straßenmusiker registrieren lassen, um zwischen Probe und Konzert auch in der Öffentlichkeit zu spielen. Auf legalem Weg ist das jedoch schwer möglich.

„Ein Bettler will Mitleid erregen, ein Straßenmusiker aber das Publikum unterhalten.“

Im gesamten Zentrum gibt es laut einer Entscheidung des Stadtrats von Prag 1 nur acht offizielle Plätze, an denen Musiker spielen dürfen – zum Beispiel auf dem Altstädter Ring, in der Neruda- und Zeltnergasse (Nerudova und Celetná) oder auf dem Burgvorplatz (Hradčanské náměstí) – sowie an fünf Stellen auf der Karlsbrücke. Eine Genehmigung dafür zu erhalten, gleicht jedoch einem bürokratischen Marathon: Eine vier Wochen gültige Erlaubnis, um an diesen Plätzen aufzutreten, muss man einen Monat im Voraus beantragen. Neben einer Gebühr von 500 Kronen soll für den Autoren-Schutzverband zudem eine Liste der Lieder vorgelegt werden, die in dem Zeitraum gespielt werden.

Ein richtiger Busker – also ein Straßenkünstler, der gewöhnlich in ganz Europa Passanten mit seiner Musik unterhält – bezahlt jedoch mit den Einnahmen seine Reise in die nächste Stadt und kann keinen ganzen Monat auf eine Genehmigung warten. Einheimische Künstler sind überdies kaum gewillt, nach einer Songlist zu spielen, die einen Monat alt ist. „Auch weiß niemand im Voraus, wie das Wetter sein wird, was für die Instrumente eine Rolle spielt“, sagt Akkordeonspieler Dalibor Zíta von „BuskerVille“.

  • Autor: Respekt
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Prager Politiker und Beamte rotteten die „spontane Straßenkunst“ quasi aus, als sie im Jahr 2000 die Musik im Stadtzentrum weiträumig verboten und die Liste der wenigen legalen Plätze beschlossen hatten. Zwar gibt es keine Angaben darüber, wie viele Leute illegal auf den Straßen im Zentrum spielen, doch wird den Künstlern, die sich nicht an diese Richtlinie halten, von städtischen Kontrolleuren binnen kürzester Zeit der Auftritt untersagt und eine Buße von 1000 Kronen auferlegt – mit der Begründung der nicht genehmigten Bettelei. „Ein Bettler will Mitleid erregen, ein Busker hingegen das Publikum unterhalten. Zwar haben auch die Straßenmusiker einen Hut fürs Kleingeld dabei, aber sie drängen sich niemandem auf“, ärgert sich Zíta. Die Künstler-Lobby plädiert deswegen für mildere Regelungen, wie sie im Rest Europas bereits üblich sind: In einigen Ländern wird einem die entsprechende Genehmigung noch am gleichen Tag ausgestellt, in anderen genügt eine einmalige Registrierung, damit ein Künstler sein Instrument auspacken kann wo auch immer er will. In Kopenhagen zum Beispiel können die Straßenmusiker fast überall spielen, jedoch maximal eine Stunde lang.

Lösungsansätze gibt es zur Genüge. Robert Sedlák von der Stiftung „Partnerschaft“ („Partnerství“) würde das Musizieren zunächst generell an jedem Ort erlauben und danach die Orte regulieren, an denen es zu Beschwerden kam. „Einige Orte im Stadtzentrum sind hoffnungslos überfüllt und man muss auch auf die Anwohner Rücksicht nehmen. Wenn man jeden Tag das gleiche Lied unter seinem Fenster hört, dann kann einem das natürlich gewaltig auf die Nerven gehen. Die Grenzen sollten auf jeden Fall die Anwohner festlegen, weil sich Touristen schließlich nur für ein paar Minuten an einem Ort aufhalten.“

Bereits seit März verhandeln der Prager Kulturrat Lukáš Kaucký und die Initiative „BuskerVille“ mit dem Stadtrat von Prag 1 über eine Auflockerung der Bestimmungen. Bisher konnte man sich noch nicht darüber einigen, welche Plätze im Zentrum für die Straßenmusiker am geeignetsten sind. Ansässige Bürger und Unternehmer hätten sich angeblich über die Lärmbelästigung beschwert. Allerdings wurde dem Rathaus bisher weder eine Petition noch eine Namensliste der unzufriedenen Bürger vorgelegt.

„Den Verweis auf die Lärmbelästigung kann man eher als eines gutes Instrument der Politiker ansehen, mit dem sie an Popularität gewinnen wollen“, behauptet Ondřej Höppner, Chefredakteur der „Kleinseitner Nachrichten“ („Malostranské noviny“), und erinnert daran, dass der ehemalige Bürgermeister von Prag 1, Filip Dvořák, vor den Kommunalwahlen persönlich die Musiklokale und Kneipen seines Bezirks abging, um zu kontrollieren, ob die Sperrstunde eingehalten wird.

Auch wenn der Stadtrat von Prag 1 entscheidet, an welchen Plätzen künftig musiziert werden darf, eine Änderung kann vor allem der Prager Magistrat beschleunigen. Denn ihm untersteht die Stadtpolizei, die ungewöhnlich aktiv bei der Vertreibung von Straßenmusikern aus dem Zentrum sind. „Die Polizisten setzen die Verordnung konsequent durch, in der Straßenkunst noch nicht einmal definiert ist. Wir müssen diese Verordnung unbedingt ändern“, sagt Kulturrat Kaucký und verspricht, die Änderungen noch in diesem Jahr herbeizuführen. Warum dauert es aber so lange, ein paar Wörter in der Verordnung zu ändern, wenn doch auf dem ersten Blick alle Parteien Einigkeit demonstrieren? „Es gibt zwei Gruppen.

Zum einen „echte Straßenmusiker“ und zum anderen Bettler, die häufig drogenabhängig sind und zum Beispiel auf einer Flöte spielen. Sie geben ein schlechtes Bild ab, und es fällt schwer, diese Gruppen auseinanderzuhalten“, erläutert Kaucký.

„Die Namen geben wir nicht raus.“

Der größte Kampf in Prag tobt – logischerweise – um die Plätze auf der Karlsbrücke, die von einer Bürgervereinigung („Sdružení výtvarníků Karlova mostu“) verwaltet wird. Interessenten müssen jedes Jahr vor einer dreiköpfigen Kommission vorspielen (allein die bloße Teilnahme am Auswahlverfahren kostet 1000 Kronen), pro Quadratmeter und Tag 210 Kronen und der Bürgervereinigung zudem vierteljährlich einen Pauschalbetrag von 500 Kronen entrichten. Wer die begehrte Genehmigung schließlich erhalten hat, muss noch einen Platz im Stundenplan ergattern – kein leichtes Unterfangen. Denn von den heute etwa 40 lizenzierten Gruppierungen dürfen nur fünf musizieren, und das nicht länger als drei Stunden.

„Wir werden ihnen keine Namen verraten“, antwortet Roman Kotrč von der für die Karlsbrücke verantwortlichen Künstlervereinigung auf die Frage, wer hinter der einflussreichen Kommission steckt, die über die Qualität der Musiker befindet und darüber entscheidet, wer Zugang zur lukrativen Brücke erhält und wer nicht.

An einer eintägigen Unterschriftensammlung für mehr Musik in den Straßen beteiligten sich kürzlich etwa 900 Prager. Sie wollen nicht länger nur Musik aus den Lautsprechern hören, die aus den Geschäften und Souvenirläden nach außen dringt. Ihre Unterschriften haben bisher nichts bewirkt, aber die neue Generation junger Musiker lässt weiter hoffen. Denn sie wollen angeblich solange demonstrieren, bis sie im Prager Zentrum ihre Gesangsbücher und Notenständer ganz legal aufstellen können.

Překlad textu Prager Zeitung

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